Metall-Rosen für die Azubinen

Tamara und Jasmin bringen Schwung in den Metallbau-Betrieb von Klaus Fürst. Zwei technikbegeisterte Mädels, die sich beide sicher sind: Metallbauer und Metallbauerinnen haben heute Köpfchen und starke Maschinen statt starke Arme.

Tamara Müller ist Metallbau-Azubine im 2. Lehrjahr bei Stahl- und Metallbau Fürst, Essingen. Sie ist „ehrlich gesagt“ froh, dass sie statt vier Tagen jetzt nur noch einmal wöchentlich in die Berufsschule muss. „Mir liegt das Praktische mehr“, sagt die 19-jährige Aalenerin. Bereits in der Hauptschule lag ihr der Werkstattunterricht. Bohren, fräsen – das war ihr Ding. Über eine Freundin, die bei Fürst bereits ihre Ausbildung absolvierte, machte sie zunächst ein Praktikum. Dann einen zweiwöchigen Ferienjob. „Natürlich musste ich fegen, aber der Chef hat sich auch um mich gekümmert und mich etwas machen lassen“, erzählt sie. Vor allem: Abends sah sie, was sie getan hatte.

Steckbrief

  • Tamara Müller & Jasmin Pieper
  • Metallbauerinnen
  • Fürst Stahl- und Metallbau GmbH
  • www.fuerst-stahl-metallbau.de

Deswegen fährt sie inzwischen gerne auf Montage, auch, wenn sie dann bis zu vier Tagen unterwegs ist und abends nicht mit Freunden ausgehen kann. Denn: Während sie in der Produktionshalle lediglich die Konstruktionszeichnungen, die Stahlträger und andere Teile sieht, entsteht auf der Baustelle etwa das Gerüst für eine große Sporthalle. Zudem ist die Arbeit auswärts eine Abwechslung vom Alltag. Sie erinnert sich, dass die ersten Montagen mit Übernachtungen in Hotels und langen Abenden ungewohnt waren. Inzwischen weiß sie, wie sie ihre Freizeit in anderen Städten für sich nutzen kann.

„Natürlich sind Frauen im Metallbau die Ausnahme“, sagt Inhaber Klaus Fürst. Lediglich 2,4 Prozent beträgt deren Anteil in seiner Branche, weiß der Obermeister der Metallbau- und Feinwerktechnik auf der Ostalb. Körperlich anstrengend kann der Job schon sein, immerhin verarbeitet der Sechs-Mitarbeiter-Betrieb bis zu 250 Tonnen Stahl jährlich. Doch die Technik ist in vielfältiger Form in die Metallbau-Branche eingezogen – Kräne in der Produktionshalle und bei der Montage sind selbstverständlich, genauso wie Bühnen, auf denen gearbeitet wird. Geschleppt, gehoben und getragen wird selten – und wenn, dann sowieso keine zwölf Meter langen Träger.

Metall-Rosen sind zum Markenzeichen von Klaus Fürst geworden. Die schweißen Schülerinnen etwa beim Girls-Day.

Keine Blöden Sprüche von Männern

„Im Zweifelsfall bitte ich um Unterstützung“, sagt Jasmin Pieper, eine zierliche 21-Jährige, die allerdings ganz schön ehrgeizig und zäh wirkt. Blöde Sprüche muss sie sich vom starken Geschlecht kaum anhören. „Ich hab’s mit Männern leichter als mit Frauen. Die sind locker, direkter und nehmen manches nicht so genau“, sagt die Azubine im ersten Lehrjahr. In der Berufsschule ist sie unter 18 Auszubildenden die einzige Frau.

Obwohl ihr der Technikunterricht in der Realschule gut gefiel, startete sie zunächst eine Ausbildung als Automobilkauffrau. Doch der Bürojob war nichts für sie. Auch sie kam über einen Kontakt zur Firma Fürst. Erst war sie skeptisch, ob Schweißen und Bohren für sie passen. Doch seit dem zweitägigen Praktikum kann sie sich „nichts anderes mehr vorstellen“. Sie beschreibt ihre Arbeit als abwechslungsreich, außerdem hat sie mit etwas Konkretem zu tun, bekomme viel Verantwortung und kann dazu lernen.

Klaus Fürst sorgt dafür, dass Schülerinnen beim Girls-Day den Werkstoff Metall richtig kennenlernen können.

Umfassende Unterstützung

„Ich kümmere mich um die jungen Menschen“, sagt Klaus Fürst, der vor 25 Jahren seinen Meisterbrief erhielt und im gleichen Jahr seinen Betrieb gründete. Seine Unterstützung bezieht sich auf das Fachliche: „Wie sollen die Jungen lernen, wenn sie nichts anfassen und falsch machen dürfen?“ Das gilt allerdings auch für das Persönliche. Benötigt jemand privat mal einen Transporter, stellt der 51-Jährige ihn gern zur Verfügung. Droht ein Azubi die Lehre abzubrechen, dann führt er Gespräche mit ihm. Wenn’s sein muss, auch zusammen mit den Eltern und einem Berufsschullehrer. Denn natürlich sind für ihn Auszubildende eine zeitliche und finanzielle Investition: Am Ende der Lehrzeit möchte er die jungen Gesellen oder Gesellinnen gerne übernehmen.

Die Unternehmer müssen den Kontakt zu den jungen Menschen suchen, findet er. Zwar hält er von Schulkooperationen nicht so viel, aber er engagiert sich beim Girls-Day, bei Ausbildungsmessen oder ähnlichen Veranstaltungen. Manchmal ist er unter vielen Industriebetrieben der einzige Handwerker. Und dann spielt er seinen Vorteil aus: Denn oft ist er der Einzige, der interessierten Jugendlichen vor Ort etwas zum Selbermachen anbietet. Seit 2014 sind es Metall-Rosen – inzwischen sein Markenzeichen. Unter seiner Anleitung schweißen die Schüler eine Rose. „Keiner kann sich zunächst vorstellen, dass er das kann“, so der engagierte Unternehmer, „das ist ein richtiger Aha-Moment, wenn sie dann die fertige Rose mit nach Hause nehmen können.“

Dass er drei weibliche Azubis gleichzeitig hatte, war eher ein Zufall. Doch er war offen für diesen ungewöhnlichen Weg, Azubis zu finden. „Junge Frauen sind ehrgeiziger, zuverlässiger und oft genauer als junge Männer“, schätzt er deren Qualitäten ein. Dass sich die Grenzen von typischen Frauen- und typischen Männerberufen langsam auflösen, bemerkt auch Tamara Müller. Während sich ihr Vater noch über ihre Berufswahl gewundert hat, unterstützte sie ihre Mutter von -Anfang an. Und ihre Freude respektieren sie vollkommen: „Du hast dir etwas in den Kopf gesetzt, was Du wirklich willst.“

Fotos: Jens Gieseler, Fürst Metallbau