Vom Azubi in die Chefetage

Ein Praktikum brachte Julian Jakubzyk vor 15 Jahren in Kontakt mit dem Familienbetrieb Metallbau Ott. Nach seiner Ausbildung zum Metallbauer hat er zahlreiche Weiterbildungen absolviert und sich durch Engagement und Zuverlässigkeit nach oben gearbeitet. Mit 29 Jahren hat er nun die Betriebsnachfolge angetreten und führt die Firma in die Zukunft.

Steckbrief

  • Julian Jakubzyk
  • Metallbauer und Geschäftsführer
  • Metallbau Ott GmbH
  • www.metallbau-ott.de

Zu einhundert Prozent Unternehmer: Das ist für Julian Jakubzyk Lebensziel und Berufsalltag geworden. Als Geschäftsführer leitet er zusammen mit Henryk Ott den Metallbaubetrieb Metallbau Ott GmbH in Bad Doberan an der Ostseeküste. Hätte er das gedacht, als er vor 15 Jahren nach einem Praktikum als Auszubildender zum Metallbauer Fachrichtung Konstruktionstechnik bei Metallbau Ott startete? „Nein“, gibt Julian schmunzelnd zu, „ich hatte eigentlich nur ein handwerkliches Interesse und wollte irgendwann mal Unternehmer werden.“ Doch zwei Charaktereigenschaften zeichneten den damals 16-Jährigen schon aus, die ihn Schritt für Schritt nach oben klettern ließen: Ehrgeiz und Leistungsbereitschaft. „Ich hab mich schon im Praktikum extrem angestrengt und war einer der ersten Praktikanten im Betrieb, der dafür Geld bekommen hat, weil ich bereits einen Mehrwert liefern konnte“, erinnert sich Julian. Und so kam es dazu, dass er sich vom Team ernst genommen fühlte und Spaß am Berufsalltag im Metallbau fand. Deshalb bewarb er sich anschließend erfolgreich um einen Ausbildungsplatz.

Die Auszubildenden bei Ott Metallbau lernen alle Arbeitsschritte und –verfahren in der Praxis.

Bereit für die Extrameile

Die folgende Zeit verging bei Julian wie im Fluge und voller Energie. Schon in der Ausbildung lernte er seine Leidenschaft für das CAD-Zeichnen kennen und konnte mit einer alten Lizenz seine eigenen Projekte, nach dem er diese auf der Baustelle aufgemessen hatte, zeichnen und anschließen herstellen. So wurde ihm schnell klar, dass er die Planungsseite im Büro noch interessanter fand, als die Arbeit in der Halle. Nach einer kurzen Zeit als Jungfacharbeiter startet er deshalb die Weiterbildung zum Techniker, Fachrichtung Maschinentechnik. „Eigentlich brauchte man dafür damals fünf nachweisbare Berufsjahre. Ich hatte aber Glück, dass mir die Ausbildungszeit voll angerechnet wurde und ich anschließend ein halbes Jahr als Facharbeiter gearbeitet hatte. Ich durfte als Sonderregelung ein halbes Jahr verkürzen und daher in Vollzeit starten.“

Doch der Gedanke, zwei Jahre in der Schule zu sitzen, ohne weitere Berufserfahrung im Arbeitsalltag zu sammeln, war Julian und seinem Chef Henryk nicht so ganz recht. Daher bekam er einen Laptop gestellt und konnte nebenbei Projekte im CAD-Programm zeichnen. „Freitags bin ich dann immer reingekommen und hab geschaut, ob die Fertigung so ablief, wie ich es geplant hatte.“ Wer jetzt denkt, damit wäre Julian voll ausgelastet gewesen, irrt sich. Denn er entschied sich, in dieser Zeit zusätzlich den Ausbilderschein und die Fachhochschulreife zu absolvieren, sowie eine eigene Firma für Metall-Möbel zu gründen.

Ausgefallene Designentwürfe zu entwickeln, macht Julian viel Spaß. (Foto: Ott)

Qualifizierung lohnt sich

Nachdem Julian sein Zertifikat zum staatlich geprüften Techniker Fachrichtung Maschinentechnik mit dem Schwerpunkt Konstruktion in der Hand hielt, startet er wieder als Projektleiter bei Metallbau Ott. „Es hat sich sehr schnell gezeigt, dass mir die Arbeit liegt und ich sehr gut darin bin. Und so konnte ich bereits viele Verbesserungsvorschläge einbringen, wie wir die Firma noch erfolgreicher machen können“, erzählt er. Nach kurzer Zeit wartete nämlich schon die nächste Herausforderung auf den damals 22-Jährigen. Der Schweißfachingenieur des Betriebes stand kurz vor der Rente und so drohte die Hersteller-Qualifikation zu wackeln. Julian fackelte jedoch nicht lang und beschloss die Ausbildung zum Schweißfachtechniker neben dem Vollzeitberufsalltag zu absolvieren. Nachdem er sie erfolgreich beendet hatte, wurde er Hauptschweißaufsicht im Betrieb.

Durch die Anschaffung einer neuen Abkantpresse konnten die Prozesse im Betrieb verbessert werden.

Sprung zur Betriebsnachfolge

Studieren im Ausland? Eigene Unternehmensgründung? Diese Fragen beschäftigten Julian nach kurzer Zeit wieder. Dahinter stand vor allem der Wunsch, ein erfolgreicher Unternehmer zu werden. Und so überzeugte ihn das Angebot von Henryk Ott schnell, die Unternehmensnachfolge anzutreten. „Er hat das natürlich an die eine oder andere Bedingung geknüpft“, bestätigt Julian. „Mir fehlten noch wichtige betriebswirtschaftliche Kenntnisse und deshalb habe ich dann ebenfalls neben meiner Vollbeschäftigung die Weiterbildung zum Geprüften Technischen Betriebswirt und die Prüfung zum Sachverständigen im Bereich Metallbau gemacht und wurde nach einem Bewerbungsverfahren und dessen Prüfung von der Handwerkskammer zu Rostock öffentlich bestellt und vereidigt. Außerdem arbeite ich an Wochenenden als Dozent in der Handwerkskammer und gebe mein Wissen in der Meisterausbildung weiter.“

Seine Motivation übertrug sich schnell auf alle Mitarbeiter und so wuchs die Firma 2016 nochmals weiter: die neue Halle und ein Sozialtrakt wurden gebaut, dieses Projekt war das Thema seiner Abschlussarbeit zum Geprüften Technischen Betriebswirt. Alles basierte auf der hundertprozentigen Vertrauensbasis, die Henryk und Julian miteinander verbindet. „Das Verhältnis zu Herrn Ott ist wirklich gewachsen. Er ist für mich immer eine große Respektperson, aber er hat eben auch gesehen, dass ich mich extrem für die Firma reinhänge. Privates oder Geschäftliches trenne ich gar nicht mehr. Für mich ist alles geschäftlich. Die Firma ist das Wichtigste geworden und danach habe ich mein Leben ausgerichtet. Ich treffe jede Entscheidung zum Wohle der Firma.“

Henryk und Julian beim Neujahrsempfang von Bad Doberan. (Foto: Ott)

Weiterentwicklung der Firmen

Gemeinsam mit Henryk hat Julian ein eigenständiges Planungsbüro ptn PROJEKTTEAM NORD GmbH & Co. KG gegründet, welches vom Bauantrag bis zum Aufmaß, über die Planung, Statik, die Bauleitung und alle weiteren Planungsaufgaben für Metallbau Ott und andere Metallbauer und Schlosserbetriebe in der Region und darüber hinaus übernimmt.

„Es war ein Problem, einen adäquaten Partner in Form eines Planungsbüros zu finden, der alle Punkte abdeckt“, erzählt Julian. Denn die meisten Planungsbüros messen nicht vor Ort auf, bzw. führen nicht die Bauleitung. „Unser Planungsbüro führt alles in Eigenverantwortung für die Schlosser- und Metallbaubetriebe aus und die Unternehmen können sich so in Zeiten voller Auftragsbücher etwas zurücklehnen und uns für Sie arbeiten lassen. Wir vermitteln zusätzlich Produktion und Montage, falls die Unternehmen auch in diesen Bereichen zu dem Zeitpunkt sehr ausgelastet sind.“ So sieht sich das Planungsbüro deutschlandweit als Unterstützer der Schlosser- und Metallbaubetriebe.

Aktuell arbeitet Julian zudem an einer Handwerker-App, die ab Anfang nächsten Jahres bei Metallbau Ott und interessierten Handwerksbetrieben zum Einsatz kommen soll, um Betriebe und ihre Kunden digital miteinander zu verknüpfen und die Prozesssicherheit und Qualität bzw. die werkseigene Produktionskontrolle in allen Prozessketten zu gewährleisten. Außerdem kann so die Arbeitszeit reduziert werden und alle Projektbeteiligten erfolgreich verknüpft werden. Ein entscheidender Schritt, um den Metallbau in das digitale Zeitalter zu führen.

Auch Metallbau Ott hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt und geht immer stärker in die Fertigungstiefe. So wurde eine CNC-gesteuerte 135t-Abkantpresse und eine Plasmaanlage für Mittelformatbleche und ein LKW angeschafft, um die Auftragszeiten und Logistik zu vereinfachen. Der Betrieb kann so Serienteile viel schneller produzieren. Beispielsweise wurden zuletzt deutschlandweit über 40 Autohäuser umgebaut und mit einer neuen Fassade versehen.

Das Betriebsgelände wurde um den Büro- und Sozialtrakt (Mitte) und die neue Halle (links) erweitert. (Foto: Ott)

Modern und bodenständig

Trotz aller Leistungsbereitschaft und den Meilensteinen bei der Digitalisierung, will Julian auch in Zukunft ein bodenständiger Unternehmer in der Region bleiben. Schließlich gibt es die Firma seit 1979, als Jürgen Ott die Schlosserei in einer größeren Garage gründete, die mittlerweile auf 48 Mitarbeiter angewachsen ist. Und auch heute noch kommen Privatkunden mit kleinen Projekten zu Metallbau Ott und erhalten dieselbe Hilfe wie große Industriekunden. Letztes Jahr hat der Betrieb das erste Neujahrskonzert und den Stadtempfang in der eigenen Halle ausgerichtet, fördert Kunst, Kultur und Sport und möchte am Standort in Bad Doberan nun jedes Jahr im Januar das Neujahrskonzert als Tradition für die Stadt schaffen.

Dabei ist es auch Julian wichtig, dass er zu allen Mitarbeitern ein gutes Verhältnis hat und sich nicht zu schade ist, auch mal Hand anzulegen. „Bei vielen alten Mitarbeitern ist auch Vertrauen da, weil wir ja früher gemeinsam auf Montage gefahren sind“, erinnert er sich. Und weil Julian selbst so von der Ausbildung zum Metallbauer profitiert hat, will er diese Wertschätzung weitergeben. Dieses Jahr starten sieben Azubis im Betrieb, vier lernen dabei den Metallbauer in der Fachrichtung Konstruktionstechnik. Zwei neue Azubis absolvieren die Ausbildung zum Systemplaner und eine Auszubildende lernt Fachkraft für Büromanagement.

Die Ausbildung zum Metallbauer sieht Julian als Schlüssel zu einer beruflichen Zukunft, in der alle Wege offen stehen. Er selbst ist das beste Beispiel dafür, was man mit Fleiß, Ehrgeiz und Leistungsbereitschaft alles schaffen kann.

Bilder: MEINMetall, Metallbau Ott GmbH